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Sonntag, 12. Juni 2011

The Felice Brothers entdecken den Synthesizer

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The Felice Brothers haben sich mit ihrem neuen Album Celebration, Florida in eine ganz neue Richtung entwickelt. Und auch wenn es viele nicht glauben wollen - sie sind sich treu geblieben. Und aus genau diesem Grund ist es auch ein so großartiges Album geworden.


Es ist relativ stickig, die U-Bahn rattert alle paar Minuten irgendwo in der Ferne los und tausende von Menschen hasten in ihren hektischen Alltagsleben durch die Gänge. Und da, genau da stehen plötzlich ein paar junge Männer und machen Musik. Ob viele der gestressten U-Bahn-Fahrer dieser Band jemals Beachtung geschenkt haben, steht zu bezweifeln. Doch die richtigen Menschen haben dieser jungen Truppe genug Beachtung geschenkt und so ist es auch dazu gekommen, dass The Felice Brothers vor nun gut fünf Jahren von der New Yorker U-Bahn in ein Aufnahmestudio umgezogen sind und sich mit ihren ersten Alben einen gewissen Status erspielten. Der Status mag in etwa der sein, dass The Felice Brothers (nach den drei Brüdern Ian, James und Simon Felice benannt) wundervolle Musik im Stile des amerikanischen Folk machen und einige viel Hoffnung in sie stecken - Bob Dylan ist ja schließlich auch nicht mehr der jüngste. Doch auch selbst wenn nicht von der Hand zu weisen ist, dass The Felice Brothers natürlich in der Tradition der Musiker stehen, die sich dem Folk und vielleicht auch der Abneigung des ganzen popkulturellen Zirkus' verschrieben haben, so sahen doch einige viel zu selten in ihnen eine eigenständige Band, die etwas zu sagen hat. - ein bisschen mehr ist als ein story-teller. Mit Celebration, Florida haben die Herren aus New York - Simon Felice macht mittlerweile lieber Musik mit der nicht minder dollen Truppe The Duke & The King - nun ein Album gemacht, dass all dies, was sie bis jetzt ja auch schon machten, mit noch ein bisschen mehr verbindet. Und sie in neue Bahnen lenkt. Bisweilen möchte man denken, die Brüder Felice hätten mit einiger Verspätung den Synthesizer oder die Drum-Machine entdeckt. Doch das wäre ein hämischer Vorwurf. Viel mehr haben sie sich getraut, all dies in ihre Musik zu verflechten und somit ein Album geschaffen, dass bei seiner Komplexität erst nach mehrmaligem Hören ein wenig Sinn zu machen scheint und sich dann wieder mit neuen Irrungen und Wirrungen brüstet.

Beim ersten Hören ist man erstaunt. Man fragt sich, wo all diese Geräusche herkommen, was der Kinderchor da macht und wo manchmal diese Wut herkommt. Dann hört man beim zweiten Mal genauer zu. Versteht, was Ian Felice manchmal so stört an seinem Amerika. Wie der Alltag eben so ist. Oder welch verückte Dinge vorfallen können. Und wie großartig es sein kann, wenn ein Lied Honda Civic heißt. Generell sind die Namen bei diesem Album auch das, was es weiterhin so komplex macht. Denn Celebration, Florida ist nicht einfach nur ein Ort im sonnigen Urlaubs-Staat. 

Photo: Rough Trade Distribution
Celebration wurde 1996 "eröffnet", gebaut und geplant wurde es von Disney-Architekten. Denn die Idee zu dieser "Idylle" hatte Walt Disney. Celebration bietet Menschen mit entsprechenden finanziellen Möglichkeiten eine Kleinstadtidylle auf höchster technologischer Ebene. Da steht Haus neben Haus in in Reih und Glied und um die Sicherheit muss sich auch niemand sorgen, Security-Posten gibt es überall. Es mag vielleicht die Idylle schlechthin sein - für die meisten ist es die schlimmste Art zu leben. Konformität wo man hinschaut. Und auch die scheinbare Idylle, in die sich einige Menschen glaubten eingekauft zu haben, hat im letzten Jahr ihren Schein - zumindest für kurze Zeit - verloren. Denn Ende 2010 wurde ein Bewohner von Celebration ermordet, kurze Zeit später beging ein anderer Selbstmord - ziemlich viel  für eine solche Kleinstadt, die sich idyllisch gibt. Und das trotz all dieser Sicherheitsmaßnahmen.

Nun möchten The Felice Brothers mit diesem Titel eventuell auf diese Absurdität hinweisen, solche Kolonien von Häusern aus der Landschaft zu stampfen und Menschen vorzugaukeln in der absoluten Harmonie und Sicherheit zu leben, ohne sich dabei selbst als Individuum ausdrücken zu können oder es  zu müssen. Vielleicht möchten sie aber auch nur sagen: "Schaut her, so etwas gibt es. Es geht aber auch anders, wenn man es denn versucht."

Und solche Botschaften kann man nun eben auch dann verbreiten, wenn man den Folk-Pfad eines Bob Dylan verlässt und sich doch in die Höhlen der Pop-Kultur begibt, sich darin aber nicht verliert. Und das machen die fünf Herren auf wundervolle Art und Weise. Es mag zuerst anstrengend erscheinen, für manche ist das Album vielleicht auch "verrückt". Jedoch sollte man mal ganz genau zuhören. Und dann müsste sich Begeisterung durchsetzen. Ian Felice erzählt mit seiner rauhen, nun ja, kaputten Stimme Geschichten, die nicht immer Sinn ergeben müssen. Aber warum muss denn auch immer alles logisch sein?

Man sieht es ihnen vielleicht manchmal noch an, dass sie eigentlich einmal Straßenmusiker waren. Doch das ist ja das Tolle an ihrer Musik - sie wissen, wovon sie da erzählen und sie wissen, wie man es in Melodien verpackt.

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