Mittwoch, 31. August 2011
Kleinode deutschsprachiger Musik (18): Max Hansen - War'n sie schonmal in mich verliebt? (1928)
In einer losen Serie stelle ich Werke vor, die vordergründig eines gemeinsam haben: Sie wurden in deutscher Sprache verfasst. Das alleine ist natürlich keinerlei Qualitätskriterium. Nein, mich interessiert ein kreativer Umgang mit selbiger.
Max Hansen |
Max Hansen zählt zu den Künstlern, deren Schaffen nahezu vergessen wurde, obwohl sie eine Zeit lang durchaus sehr populär waren. Wenn man z.B. überlegt, wo die Vorbilder von Max Raabe liegen, ist Max Hansen sicherlich einer der heißesten Kandidaten.
Dass er den Krieg überlebt hat, könnte man fast als Wunder bezeichnen. Das hängt nicht nur mit seinen jüdischen Vorfahren zusammen, sondern vor allem dem künstlerischen Wirken. Dieses war nicht nur quantitativ und theamtisch sehr umfangreich - er machte auch aus seiner Verachtung gegenüber den Nazis keinen Hehl.
Das Paradebeispiel dafür ist das Lied War'n sie schomal in mich verliebt? von 1928 (Die englische Wiki behauptet 1932, aber 1928 scheint mir nach kurzer Recherche sehr viel wahrscheinlicher). Der Textaufbau ist sehr raffiniert. Es fängt harmlos an - der Protagonist schmeißt sich in einer sehr direkten, aber auch sympathische Art an eine Frau ran. In der zweiten Strophe ist der Witz schon etwas gewagter, denn es wird die Affäre mit einer verheirateten Frau besungen, mit der er in flagranti vom Ehemann erwischt wird und sehr lässig reagiert.
Doch am spannendsten ist die dritten und letzte Strophe - denn die hat es in sich. Ich habe leider keine Ahnung wer der erwähnte Sigi Cohn ist. Der besungene 'Hitler' ist allerdings ein international bekannter Finsterling ohne Humor. In der Strophe macht er Hitler nicht nur lächerlich - nein, er unterstellt ihm sogar Homosexualität.
Das war natürlich auch 1928 schon ziemlich mutig, denn den SA-Schlägern und ähnlich Veranlagten wird das eher nicht zugesagt haben.
Keine Frage, dass Max Hansen Deutschland 1933 zügig verlassen hat. Allerdings reiste er nicht in die weitere Ferne wie viele andere auf ihrer Flucht, sondern nur nach Österreich und später nach Dänemark, wo er es tatsächlich schaffte den Krieg unbeschadet zu überstehen. Nach 1945 hatte er, wie auch zahlreiche andere zur Zeit der Weimarer Republik bekannte KünstlerInnen, kein Publikum mehr in Deutschland. Er wirkte bis zu seinem Tod 1961 noch ein paar Jahre in Dänemark.
auch wenn man bescheiden ist, man nicht zu beneiden ist,
ich sag alles grad heraus, da mach ich mir gar nichts d’raus,
wenn ich eine schöne Frau seh rutscht mir’s raus:
War’n Sie schon mal in mich verliebt,
das ist das schönste was es gibt,
haben Sie schon mal von mir geträumt,
da haben Sie wirklich was versäumt.
Ich bin nicht groß, ich bin nicht klein,
ich pass’ grad so in alles rein,
ich bin nicht g’scheit, ich bin nicht dumm,
das spricht sich jetzt schon langsam rum,
bei mir haben Sie nichts zu riskier’n, wie wär’s denn:
woll’n Sie’s nicht einmal mit mir probiern?
Meine Freundin ist ’ne Frau,
doch sie nimmt’s nicht so genau.
Geht ihr Mann, dann darf ich rein,
denn für drei ist’s doch zu klein.
Einmal – ich vergess es nie – stand der Mann vorm Bett und schrie:
»Na, da komm’ ich ja grad recht!« Ich rief: »Zu früh!«
War’n Sie schon mal in mich verliebt,
das ist das schönste was es gibt,
betrachten’s mich genau und dann
schau’n sie sich selbst im Spiegel an.
Dann, lieber Freund werd’n sie versteh’n:
was hier geschah, das musst’ gescheh’n.
Drum sein sie brav und nicht nervös
und ihrer Gattin ja nicht bös’;
damit werd’n sie nichts profitier’n,
und wenn sie klug sind geh’n sie jetzt ’ne Stund spaziern!
Hitler und der Sigi Cohn kennen sich seit Jahren schon,
eines Tages geh’n sie aus, miteinand’ ins Hofbräuhaus.
Doch schon nach der fünften Maß, werden Hitlers Augen nass,
er umarmt den Sigi Cohn und stottert blass:
Warst Du schon mal in mich verliebt,
das ist das schönste was es gibt,
hast Du schon mal von mir geträumt,
da haste wirklich nichts versäumt.
Ich bin nicht groß, ich bin ganz klein,
ich pass’ grad so nach München rein,
ich bin ganz dumm, ich bin nicht g’scheit,
am größten Dreck hab ich mei Freud,
die Freundschaft kannst Du ruhig riskier’n,
denn unter uns g’sagt; ich hab nichts zum verliern.
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