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Dienstag, 1. November 2011

Egotronic - Macht keinen Lärm

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Egotronic
Egotronic-Alben sind eine erfreuliche Konstante der aktuellen deutschsprachigen Musik geworden. So erschien 2011 das neueste Werk Macht keinen Lärm, ein auf den ersten Blick etwas einfallsloser Name. Hört man sich das Machwerk an, kann er allerdings vielseitig gedeutet werden.

Sie gehören zu den Bands, wo man keinen Veränderung erwartet, und damit auch nicht enttäuscht wird, auch wenn sie sicherlich zu ganz anderen Klängen imstande wären. Sie klingen wie Egotronic, das können sie, und das ist auch gut so.


Wer die Schallplatte erwirbt bekommt ordentlich value for money (zum Beispiel bei Audiolith für 15 Euro), nämlich neben der Platte das ganze nochmal auf CD und dazu eine DVD, auf der sich eine einstündige, launige Doku über die Band befindet, inklusive Liveaufnahmen und jede Menge Gelaber.  Die Geschichte ist wirklich gut erzählt und lohnt angeschaut zu werden. Besonders interessant ist bei Egotronic die Thematik Anti-Nationalismus, da sie mit der Mischung aus Punk und Electro sehr sinnvoll, aber eben auch nicht unumstritten eine Lücke gefüllt haben. Bei solchen Produktionen denke ich mir - da steckt viel Mühe drin, aber solche Filmchen schaut man einmal, findet sie ganz nett und dann verschwinden sie in den Untiefen der jeweiligen heimischen Medienendlagerstätte.

Doch diesmal ist nicht nur die DVD davon betroffen, sondern zumindest auch die LP, denn es zieht sich ein Konzept durch das Album, was für einmal ganz witzig ist, man es aber am Stück nicht unbedingt nochmal hören möchte. Auf dem Album sind 8 Lieder, die restlichen 6 'Tracks' beinhalten mehr oder weniger kurze Schmähworte nahestehender Gefährten wie Techniker, Mischer etc...'Die Vorband erzählt...' ist zugleich die anstrengenste, längste und lustigste Unterbrechung.


An der Stelle muss ich sagen, zum Glück leben wir im digitalen Zeitalter. Früher, so rein analog, wäre das ein echt beschissenes Konzept gewesen, aber da man ja zur Platte auch das ganze auf CD bekommt kann man wenigstens frei aussuchen, ob man das ganze Album hören möchte oder nur die Lieder. Somit bin ich wieder versöhnt mit dem Album, und ja, auch dankbar für jede einigermaßen kreative Idee, die eine Band aufbringt.

Kommen wir zur Abwechslung zum Thema Musik. Wie schon in der Einleitung erwähnt, klingen sie nicht anders als früher auch. Die erste Single 'Rannte der Sonne hinterher', gleichzeitig das erste Stück auf dem Album, täuscht inhaltlich über den Gesamteindruck, den das Album hinterlässt. Im Lied geht es um Zwischenmenschliches, das kommt sonst nur im gelungenen 'Dich glücklich sehen' vor. Der Rest besteht aus Exzess, Scheitern und Politik. Es wird Freiheit besungen, es gibt traurige Momente, wie z.B. in 'Den Kampf verlorn' und der Protest kommt natürlich nicht zu kurz. Der besungene Protest findet vor allem in 'Aufstehn' statt, meinem Lieblingslied von der Platte. Richtig, Seeed hatten ein Lied mit identischem Titel - aber während das Seeed-Lied inhaltlich ziemlich leer bleibt (aber trotzdem gut ist - ich mag Seeed nicht besonders, aber das Lied ist schon ganz Ok), liefern Egotronic ein zorniges Lied, was sich auf ein erschreckendes Ereignis bezieht:

Am 17. Februar 2010 zerrten Beamte der Berliner Polizei einen Vietnamesen in ihr Dienstfahrzeug, verschleppten diesen nach Schönefeld, schlugen ihn auf einem Ackerfeld brutal nieder und traten, während sie ihn rassistisch beleidigten, mehrfach auf ihn ein. 18 Monate später wurden sie freigesprochen. Das Opfer war zur Verhandlung nicht geladen. Der 21-Jährige wurde inzwischen abgeschoben.

- Aus dem Booklet zu Macht keinen Lärm

Egotronic leisten damit mehr als all die Menschen (mich eingeschlossen), die davon nichts mitbekommen haben oder nach einem kurzen empört sein zur Tagesordnung übergehen. Sie haben recht, man sollte zornig sein und den Tätern keine Möglichkeit geben in die mediale Gedächtnislücke abzutauchen.

Der Zorn ist sicherlich ein großes Thema der Band, und wenn der Zorn da ist, führt der nächste Schritt zu genug Selbstvertauen, um auch an scheinbar unerschütterlichen Begebenheiten zu rütteln. So kommen wir zu guter letzt noch zu 'Die Bismarck', ein wunderbares Cover von den ebenso wundervollen Superpunk, welches schon früher im Jahr auf dem empfehlenswerten Superpunk-Tributalbum Oh, dieser Sound! erschien. Es trifft sich gut, dass es seit vielen Jahren eines meiner Superpunk-Lieblingslieder ist (aber ich habe sehr viele).

Es bleibt festzustellen, Egotronic haben ihre Nische und eine treue Fangemeinde gefunden, und dass wird sich auch so schnell nicht mehr ändern. Und wenn es heißt Macht keinen Lärm, muss man natrülich direkt widersprechen und sehr sehr laut aufdrehen. Dann hören auch die Nachbarn Nicht alles hinnehmen, auch mal auflehnen.


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