Sonntag, 20. November 2011
Kleine Instrumente - Große Herzen. Das Orchestre Miniature in the Park
Der ein oder andere mit mittelmäßigen 80er-Musikkenntnissen mag denken - oh, der Name kommt mir doch irgendwie bekannt vor. Dem kann ich sagen: Es gab (und gibt) Orchestral Manoeuvres in the dark, eine Synthie-New-Wave-Pop-Band. Das Orchestre Miniature in the Park, kurz OMP (wiederum nicht zu verwechseln mit OPM, die mit 'Heaven is a halfpipe' Anfang des Jahrtausends einen Hit hatten), ist das Gegenteil davon. Es handelt sich um eine nicht näher bezifferbare Gruppe von Menschen, die Spaß daran haben vorzugsweise auf Kinderinstrumenten sommersonnige Lieder zu spielen - und sie sind nicht nur begnadete Musiker, sie sehen auch noch alle verdammt gut aus.
Den Spaß merkt man der Band in der ersten Sekunde an - sie sind nicht bewegungsscheu, beherrschen ihr Instrumentarium und vor lauter Uuuuuuuuhs, Aaaaaaaaah und vielleicht auch Schlalalalalas vergißt man schnell, das es sich (hoffentlich) nicht um die Anwendung gut wirkender Psychopharmaka handelt, sondern es einzig die Lieder, das Publikum und sie selbst sind, was sie so putzig fröhlich macht. Das hat natürlich auch Konsequenzen für das Publikum. Kaum einer wird sich dieser Spielfreude entziehen können. Was es dem Publikum besonders leicht macht ist, dass neben einigen Eigenkompositionen zahlreiche Hits gespielt werden, die an Menschen, die an der Mitteleuropäischen Zivilisation partizipieren, schwer vorbeigegangen sein können. Anwesende Kinder haben ebenfalls großen Spaß an der Aufführung, vermutlich weil ihnen viele dieser schönen Melodien zum ersten live vorgespielt werden, und vielleicht auch weil es Instrumente sind, die sie selbst schon in der Hand hatten. Die Auswahl ist groß: Ukulelen, Gitalelen, Glockenspiel, Kinderklavier, Melodicas, Flöte, alles womit man Rhythmus machen kann etc pp.
Was bekommen die Anwesenden zu hören? Die Regel zur Liedauswahl ist, dass Sommer und/oder Sonne im Titel vorkommt und es ein Hit war. Eine Ausnahme sind natürlich die Eigenkompositionen, die müssen noch Hits werden. Das kann aber nur eine Frage der Zeit sein, wie z.B. 'Welcome Juliette' beweist:
Die Mischung der Mitspielenden ist recht heterogen. Das merkt man schon, wenn man nach den musikalischen Wurzeln fragt. Das reicht von (mir als gottgleich verehrten) Jonathan Richman, über Metallica, Phil Collins, Stereo Total, Otis Redding, Marilyn Monroe bis Ween....und hunderte andere. Klaus, Sänger und, sagen wir mal Orchesterleiter, den alle lieben, sagte auf die Frage welche Künstler ihm Heute wichtig sind: Pianosaurus, Arcade Fire und I'm from Barcelona. Ich glaube das erklärt auch weitesgehend OMP. OMP wirken wie die Symbiose aus allen 3 Bands - nur noch sonniger. Sie covern u.a. The Kinks, Velvet Underground, Weezer (na welches Lied wohl?), Tocotronic, aber auch z.B. den alten Schlager 'Sommer in Paris', der in der OMP-Version kaum wiederzuerkennen ist. Beeindruckend wie man soviel cheesigkeit aus einem Lied bekommen kann.
Spannend waren die Antworten auf die Frage, was denn das herausfordernste Lied im Ouevre sei. Erstaunlich viele nannten 'You took the words right out of my mouth (Hot summer nights)' von Meat Loaf, aber es kam auch mehrmals 'Sunshine Reggae'. Das ist eigentlich nicht schwer, aber es geht 5 Minuten und fordert Ausdauer, aber solange nicht die halbe Band nach jedem Lied unters Sauerstoffzelt muss und sich fragt wo ihre Zahnbrüste sind, scheint es wohl noch zumutbar.
Bevorzugt finden die Auftritte zu sommerlichen Temperaturen und bei Sonnenschein in öffentlichen Parks statt, aber auch in geschlossenen Räumen, vor und in U-Bahn-Stationen und allen erdenklichen anderen Orten feiert man wilde Feste. Die Frage nach dem Lieblingskonzert ist erstaunlich unterschiedlich ausgefallen, aber ganz vorne dabei war ein Konzert im Woodstock in Christiania (ihr wisst schon, der sympathische Freistaat in Kopenhagen). Es muss wild und ekstatisch gewesen sein. Auch auf der Gorch Fock wurde schon begeistert musiziert, oder 2008 an der Ostsee unter einer Baywatchhütte, wie hier im Video zu sehen:
Trotz soviel Rumgereise gibt es immernoch jede Menge Wünsche nach neuen Auftrittsorten. Kolumbien, Neuseeland, Roskilde, Sziget, auf der Fusion oder wie es Klaus so schön ausdrückt: überall. Offensichtlich muss sich die Band klonen lassen, oder einfach nie wieder aufhören, was wohl die ökologisch unbedenklichere Variante wäre. Zu guter letzt eine Aufzählung von Antworten, zu denen ich aber die Frage nicht verrate: Rhabarber, Zitrone, Erdbeer-Basilikum, Cookies & Cream, Gitotto, Pistazie und Spaghetti. :b
Und noch ein paar Tipps von ExpertInnen, wie man dunkle Regentage vertreibt:
- ein kunterbunter Regenbogen (Karen / Bass)
- Kopf unter die Decke und abwarten bis zum nächsten Tag - oder ein warmer Tee. (Annette / Melodica)
- Glück (Julien / Gitalele)
- feiern (Klaus / Gesang)
- Musik machen (Janek / Schlagzeug, Percussion)
- OMP bringt Sonne an Regentagen (Alise / Melodica)
- Menschen in Hasenkostümen (Leonie / Glockenspiel, Ukulele)
Anmerkung:
Falls manch eine Passage in diesem Text fragwürdig anmutet - ich habe im Fragebogen darum gebeten einen Satz zu nennen, der unbedingt im Artikel stehen müsse. Und da es viele ausgefüllte Fragebögen waren, ich aber unbedingt alles unterbringen wollte, mag das zu einigen wundersamen Bemerkungen führen. Wer mindestens 3 versteckte Sätze (Genau genommen sind es nicht in jedem Fall Sätze, eher Satzfragmente oder noch weniger - aber das beweist nur, das die Band nicht aus Deutschlehrern besteht. Bands aus Deutschlehrern sind ein beklemmender Gedanke) aufspürt, bekommt...hm, irgendeinen Preis. Anerkennung ist auch ein wertvoller Preis. Wie immer ohne Gewähr.
Dem OMP kann man auch online folgen und lauschen, nämlich bei Soundcloud und Facebook. Viel besser ist es natürlich, selbst zum Konzert zu gehen und sich über die wundervollen Lieder und die wundervollen Instrumente zu freuen. Für die Zukunft scheinen sie große Pläne zu haben, wenn ich so den unbedingt-im-Artikel-Satz von Melodicaspielerin Alise sehe:
Fünfhundert zählten wir, doch schnell verstärkt, am Hafen angelangt, dreitausend schon, und uns so wohl gerüstet erblickend, schöpft' der Ängstlichste selbst Mut. - Pierre Corneille. Le Cid. Akt 4, Szene 3
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Kommentare zum Post
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Danke Christian und Tante Pop! so toll geschrieben.
AntwortenLöschendie drei versteckte Sätze: wette für
"sie sind nicht nur begnadete Musiker, sie sehen auch noch alle verdammt gut aus."
"alle lieben Klaus"
und
"wo sind meine Zahnbrüste?"
habe Ich recht?
Alise
Alise, ich darf dir mitteilen, du hast gewonnen! Und zwar den 1. Preis: Eine große Portion Anerkennung
AntwortenLöschenWenn ich noch herausfinde wie ich die einwickele und eine Schleife drum mache kann ich sie dir irgendwann feierlich überreichen.
Im übrigen fehlen noch 1 1/2 Zitate. Auf eines kann man kommen, das andere ist wirklich kniffelig. Hm, ok, das kniffeligste ist zu versteckt - es ist das :b hinter der Aufzählung mit der mysteriösen Fragestellung.