Samstag, 21. April 2012
Eine ungewöhnliche Ode an ein Lied: Chad VanGaalen - Willow Tree
Photo: Jeff Thorburn |
Es ist ja so, dass es hin und wieder Lieder gibt, die lassen einen einfach nicht los. Wenn man sie hört, meint man, es würde einem den Atem verschlagen. Vielleicht ist das aber auch ganz genau so. In dieser losen Serie möchte ich nun Lieder vorstellen, die [meiner sehr subjektiven] Meinung nach eben diese Reaktion auslösen. Und sie nennt sich eine ungewöhnliche Ode, weil ich es mir erst gar nicht anmaße, in Strophen oder mit festem Metrum zu schreiben. Das geht ja auch auf keine Kuhhaut.
Es war ein Sampler zum 20. Geburtstag von Sub Pop, der mir von einem unglaublich wundervollen Plattenladenbesitzer geschenkt wurde. Ein toller Mann. Auch wenn so etwas eigentlich nicht sein kann: alle Alben, alle Künstler, die er mir mal ans Herz legte, kann ich mittlerweile zu der Musik zählen, die mir wirklich und ehrlich ans Herz gewachsen ist. Ob es jetzt allerdings eine Vorahnung von ihm war, ich könnte Gefallen an Chad VanGaalen finden, glaube ich eigentlich nicht. Doch ich bin ihm noch heute dankbar.
Es war das Banjo, das mich dazu brachte, nur noch auf das Lied zu hören. Es lässt das Lied so unglaublich zaghaft und doch herausfordernd beginnen, dass es einfach nur interessant werden kann. Doch was sollte da jetzt kommen? Ein weinerlicher Indie-Männer/Frauen-Gesang? Oder eher die folkloristische Abhandlung einer tragischen Geschichte, die man hätte erwarten können. Doch dann ist da plötzlich diese unglaublich unpassende Stimme. Sie scheint schräg, viel zu hoch, viel zu verstörend für diese immer gleichen Akkorde auf dem Banjo. Doch nach ziemlich kurzer Zeit war ich verliebt. In diese Stimme. Sie war so anders. Und so herausfordernd. Vor allem war (und sie ist es jetzt nach vier Jahren immer noch) eine Art Katalysator. Alles Unwichtige für den Moment fällt weg, es zählt nur noch dieses Lied.
Dann hört man der Stimme genauer zu, fragt sich, ob sie nicht doch leidet. Man hört das Lied erneut. Es scheint zunächst eine schöne Geschichte zu sein, die Chad VanGaalen da erzählt. Er wartet darauf, dass die Sonne untergeht, hängt seine Wäsche zum Trocknen auf. Es ist eine wunderschöne Landschaft, die sich in Kombination mit der Musik vor dem inneren Auge auftut. Doch plötzlich singt der Mann da vom Tod.
"When I die, I hang my head beside the willow tree. When I'm dead, is when I'll be free. And you can take my body, put it in a boat. Light it on fire. You can use the kerosene. Take my body. Put it in a boat. Light it on fire. Send it out to sea."
Ist es etwa Todessehnsucht? Doch dazu passt diese Melodie einfach nicht. Es ist vielmehr der Gedanke, der Mann habe keinen Angst vor dem Tod, der sich nach und nach durchsetzt. Er scheint sich sogar ein wenig darauf zu freuen. Aber nicht, weil das Leben dann endlich vorbei ist. Sondern weil es für ihn der Weg ist, den man nun einmal gehen muss. Und er weiß auch schon ganz genau wie: in einem Boot. Das brennt. Auf dem Meer. So grotesk das klingen mag: dies ist wohl die schönste Vorstellung einer Beerdigung.
Es ist die Art und Weise, wie Chad VanGaalen singt, es sind die Bilder, die sein Lied (mit so wenigen Strophen und doch so starken Aussagen) entfaltet, die es zu einem so kostbaren Lied machen. Und es ist das Spiel mit der Melancholie und der Freude, das der Mann da treibt. Denn am Ende, wenn man das Lied in Zusammenhang mit den grandiosen Album Soft Airplane hört, fragt man sich, ob es nicht doch eine gewisse Todessehnsucht ist, die er da besingt. Aber nein, das kann nicht sein. Und es ist die erste Begegnung mit Willow Tree, die zählt. Die für immer in Erinnerung bleiben wird.
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