Donnerstag, 12. April 2012
Kleinode deutschsprachiger Musik (47): Drei Travellers - 08/15-Cocktail (1954)
In einer losen Serie stelle ich Werke vor, die vordergründig eines gemeinsam haben: Sie wurden in deutscher Sprache verfasst. Das alleine ist natürlich keinerlei Qualitätskriterium. Nein, mich interessiert ein kreativer Umgang mit selbiger.
Hier haben wir etwas ganz besonderes. Aus den 50ern gibts sonst nur belanglose, relativ unkreativ eingespielte Schmonzetten sowie frühe Versuche Rock'n'Roll zu adaptieren, allerdings in der Regel mit ähnlich schmonzettig biederen Texten. Das Lied '08/15-Cocktail' von den Drei Travellers fällt da ganz schön aus dem Rahmen, denn es ist, jawohl, höchst politisch. Dank der Schatzkiste Internet finden solche vergessenen, wichtige Stücke wieder den Weg ans Tageslicht - deswegen wollen wir es auch unter eben jenem betrachten.
Diese Band war durchaus schlageresk unterwegs, aber im Gegensatz zu den anderen war das bei ihnen offensichtlich kein unüberwindbares Hindernis. Aber worum geht es nun? Wir greifen tief in die Opa-erzählt-vom-Krieg-Kiste. Neun Jahre nach Kriegsende sollte Westdeutschland eine neue Armee bekommen - eines der ersten ernsthaften Politika der Nachkriegszeit. Wie so oft, die Poltikerkaste war mehrheitlich dafür, die Bevölkerung mehrheitlich dagegen - wie heute in der Aghanistan-Frage.
Es war nicht nur die generelle Frage, ob man eine Armee bräuchte, sondern auch die berechtigte Befürchtung, Ranghohe Altnazis würden wieder Posten bekommen. Aus Personalmangel war bereits zu dem Zeitpunkt eine Art Amnestie abzusehen. Das war doppelt ungerecht - einmal natürlich aus dem naheliegenden Grund, zum anderen aber auch weil Leute mit niederem Dienstgrad, die u.a. wegen genau diesen Menschen gezwungermaßen in den Krieg mussten, eben nicht dafür entschädigt wurden. Wohl aber winkten nun durch die Schaffung der Bundeswehr üppige Pensionen für ehemalige Wehrmachtsgeneräle.
Es war nicht nur die generelle Frage, ob man eine Armee bräuchte, sondern auch die berechtigte Befürchtung, Ranghohe Altnazis würden wieder Posten bekommen. Aus Personalmangel war bereits zu dem Zeitpunkt eine Art Amnestie abzusehen. Das war doppelt ungerecht - einmal natürlich aus dem naheliegenden Grund, zum anderen aber auch weil Leute mit niederem Dienstgrad, die u.a. wegen genau diesen Menschen gezwungermaßen in den Krieg mussten, eben nicht dafür entschädigt wurden. Wohl aber winkten nun durch die Schaffung der Bundeswehr üppige Pensionen für ehemalige Wehrmachtsgeneräle.
Die Drei Travellers brachten ihren Protest in Form dieses Liedes zum Ausdruck, und zwar sowohl mit viel Satire als auch klaren Worten - "Es riecht nach Wehrmachtskluft." Das Misstrauen gegenüber einer Armee war (UND IST) mehr als berechtigt. Leider gab es zu der Zeit noch keine adäquate Protestkultur. Darauf musste man noch über zehn Jahre warten, und da war die Bundeswehr leider bereits etabliert. Naja, stell dir vor, es gibt eine Armee und keiner meldet sich freiwillig...
Kinder weil die Zeit vergeht und die Welt sich weiter dreht
mixen wir den 08/15-Cocktail
"Hallo, welche Freude! Sie, Herr General?
Ich war Schütze Bunke, kennen Sie mich nichtmal?"
"Na klar! War'n doch mein Fahrer. Führerhauptquartier.
Abends im Casino, hehehe. Ich spiel da immer Jazz auf dem Klavier."
"Waren sie dann in Stimmung, schrien Sie immer barsch."
"Ja Bunke, nun mal zackig! Kaiser-Friedrich-Marsch!"
"Ich geh heute stempeln, Sie kassiern als Lohn ohne was zu tun eine Staatspension."
Ich küsse Ihre Hand Madame, Ihr Mann war mal mein Spieß.
Ich lag sehr oft im Sand, Madame, mir wird noch heute ganz mies.
Ich putzte seine Schuhe, Madame, heute putzt er mein Büro.
So ändert sich die Zeit, Madame, pardon es tut mir leid, Madame.
Bald kriegt er einen Freifahrschein, dann kann er wieder schreien.
Stabszahlmeister Schmidt, Stabszahlmeister Schmidt, denkst oft an vergangene Zeiten.
Zentnerweise Wurst, alles für den Durst, jeden Tag gabs Festlichkeiten.
Uniform passé, Schinkenspeck adé. Enger wurde Dir das Mieder.
Wenn das Herz Dir auch bricht, zeig ein lachenden Gesicht, na es kommt ja alles wieder.
Mir ist so komisch zumute, ich ahne und vermute - es liegt was in der Luft.
Ein ganz besonderer Duft, es riecht nach Wehrmachtskluft.
Dann gibt es Orden die blitzen, und silbergraue Litzen.
Und jeden Tag Kottlett, man liegt bis zwölf im Bett.
Wird dabei rund und fett.
Alle marschieren wir im Sambaschritt.
Abends da bringen wir die Braut uns mit.
Und statt der Monroe an jedem Schrank, hängt als Dank ein Bild vom Blank.
Doch mir ist komisch zumute, ich ahne als Rekrute dass man uns wieder blufft.
Genau wie damals grufft: "Hinlegen! Auf! Sie Patscheimer!"
Das liegt heute wieder in der Luft.
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