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Montag, 24. September 2012

Die Piraten und das Urheberrecht

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Die arme Frau würde nach Piratenmodell seit
22 Jahren auf Beatles-Knete verzichten müssen.
In der Öffentlichkeit ist das Thema 'Urheberrecht' erstaunlicherweise seit langer Zeit präsent, und ebenso eine gefühlt diffus revolutionäre Haltung der Piraten dazu. Zeit sich mal einen ganz konkreten Entwurf anzuschauen, so wie er am 22. September vom Landesverband NRW veröffentlicht wurde. Die Kurzfassung des Entwurfs ist sehr lesefreundlich verfasst und auch für Menschen mit eher geringer Aufmerksamkeitsspanne geeignet - und, sie lässt sich prima kommentieren, was wir hiermit auch tun wollen.

Die Originale zum Download: Langfassung (PDF) / Kurzfassung (PDF)







Die Rechte der Urheber stärken

Viele kleine und großen Bevormundungen werden abgeschafft, die Urheber werden wieder in den Mittelpunkt der Verwertung gerückt und ihnen mehr Kontrolle über ihre Werke gegeben. Grundlegende Rechte der Urheber sollen nicht mehr vertraglich umgangen werden können. Rechte können allgemein nicht mehr lebenslang oder sogar darüber hinaus aufgekauft werden. Die Übertragung des Nutzungsrechts, zum Beispiel von einem Autor auf den Verlag, soll künftig auf maximal 20 Jahre beschränkt werden. Nach spätestens 20 Jahren soll jeder Urheber die Möglichkeit haben, sich von seinem Verlag wieder zu trennen. Das ermöglicht eine Neuverhandlung über die Vergütung. Auch steht dem Urheber nach der hauptsächlichen Verwertungsphase die Entscheidung frei, sein Werk künftig unter freien Lizenzen zu publizieren. So kann auch verhindert werden, dass Werke verwaisen. Oft ist es heute so, dass Verlage noch nach Jahrzehnten auf Nutzungsrechten sitzen, die Werke aber gar nicht mehr herausbringen.
Die Rechte der Urheber stärken, das klingt gut. Nur, natürlich kann ein Vertrag z.B. über die Verlagsrechte auch über einen bestimmten Zeitraum geschlossen werden und ist nicht gottgegeben lebenslang. Der Entwurf schränkt also das Recht der Urheber ein - sie können dann nicht mehr selbst darüber entscheiden die Rechte für mehr als 20 Jahre abzutreten und dafür ggf. eine höhere Entlohnung zu erhalten. Wenn Verlage Werke nicht mehr veröffentlichen ist es für sie auch nicht rentabel auf den Rechten zu sitzen, sodass es in aller Regel eine kostengünstige Einigung zwischen der Vertragspartnern zur Auflösung des Vertrags geben kann.

Bildungseinrichtungen von Urheberrechtsabgaben befreien

Alle öffentlichen Bildungseinrichtungen, angefangen von Kindergärten und Grundschulen, bis hin zu Hochschulen, Bibliotheken und forschenden Einrichtungen werden von sämtlichen Urheberrechtsabgaben befreit. Sei es für das Kopieren einzelner Seiten, dem Zusammenstellen von Lernmaterial, der Nutzung von Film und Fernsehen, der Veröffentlichung in Intranets.
Klingt sehr richtig. Klingt aber auch nach dem Verlust von wirklich enorm viel Geld für die Urheber. Es wäre spannend zu wissen wie man das kompensieren möchte.

Amtliche Werke urheberrechtsfrei veröffentlichen

Amtliche Werken sollen immer gemeinfrei sein. Ämter werden zum einen von der Allgemeinheit finanziert und arbeiten andererseits direkt für die Allgemeinheit, weswegen die von ihnen geschaffenen Werke ebenfalls generell der Allgemeinheit gehören sollen. Bei Behördendokumenten stellt der Entwurf klar, dass auch unveröffentlichte Werke von staatlichen Stellen nicht dem Urheberrecht unterliegen, sofern an ihrer Kenntnis ein besonderes öffentliches Interesse besteht. Hierdurch soll verhindert werden, dass staatliche Stellen relevante Informationen unter Berufung auf das Urheberrecht zurückhalten oder verschleiern.
Sehr richtig.

Dauer des Urheberrechts senken

Kein Urheber hat persönlich einen Nutzen davon, wenn sein Werk noch viele Jahrzehnte nach seinem Ableben geschützt ist. Liegt der Sinn des Urheberrechts wirklich darin, den Urheber in seinen geistigen und persönlichen Beziehung zum Werk und in der Nutzung des Werkes zu schützen, soll das Urheberrecht im Regelfall mit dem Tod des Urhebers erlöschen und sein Werk gemeinfrei werden. Da bedauerlicherweise oft mit dem Todeszeitpunkt eines Urhebers ein größerer Erlös für seine Werke zu erwarten ist, ist ein Aufschub von 10 Jahren nach dem Tod des Urhebers mehr als ausreichend für die Folgevermarktung seiner Werke und würde lediglich Familienangehörige oder direkt testamentarisch Bedachte begünstigen.
Also 'mit dem Tod' wird schwierig, dann müssten sämtliche Rechteinhaber in ständiger Sorge ob des Ablebens eines Urhebers sein und könnten nie längerfristig mit den Einnahmen kalkulieren. Die derzeitigen 70 Jahre sind tatsächlich sehr lang, allerdings sind 10 Jahre auf keinen Fall ausreichend für 'die Folgevermarktung'. Man bedenke, Michael Jackson würde 2019 gemeinfrei, oder ein Teil der Ramones-Stücke dieses Jahr. Erbe können auch nicht nur die buckeligen Verwandten sein, sondern z.B. das 3jährige Kind, welches dann mit 13 Jahren nichts mehr bekommen würde. Der Streit um eine angemessene Zahl ist natürlich müßig, aber in der Regel wird 'eine Generation' immer mit 25 Jahren gemessen - das wäre vernünftig, finde ich (Elvis -> 2002 / Erich Kästner -> 1999).



Dieses Lied will reisen und weiterverbreitet, aber nicht verkauft werden.

Private Tauschbörsen erlauben

Der neue § 53 UrhG sieht vor, dass jedermann eine Privatkopie digitaler Inhalte erstellen kann. Dabei kommt es - anders als bisher - nicht mehr darauf an, ob die Quelle „rechtmäßig“ ist. Es ist empirisch nicht zu beweisen, dass sich Tauschbörsen negativ auf den Verkauf von Werken auswirken. Nutzer, welche bereit sind für ein Werk zu zahlen, handeln auch danach, unabhängig von deren Gewohnheiten bezüglich der Nutzung von Tauschbörsen oder anderer Austauschmethoden. Wurden in der Vergangenheit eventuelle Schäden beziffert, waren deren Zahlen nie an beweisbare Fakten gebunden.
Ich halte Tauschbörsen aus dem Gefühl heraus, aufgrund meines eigenen Verhaltens und der persönlichen sozialen Umfeld-Empirie ebenfalls für eher verkausfördernd. Die Entwicklung hin zur Allverfügbarkeit von digitalen Inhalten lässt die Grenzen sowieso immer mehr verschwimmen, sodass das rechtliche Vorgehen gegen gelegentliche Tauschbörsennutzer mit den Jahren zunehmend grotesker anmutet. Der Wahnsinn sollte schnellstens gestoppt werden. Prinzipiell illegal muss es aber bleiben um nicht einfach so eine Art legales gratis ITunes zu haben, was sich das Geld selbst in die Tasche steckt. Deswegen ist schon ein Unterschied zu machen ob jemand für sich selbst Musik antestet oder ob man sie massenweise am Urheber vorbei verteilt.

Privaten Verkauf ermöglichen

Rechtssicherheit schafft außerdem der Vorschlag, dass auch digitale Inhalte künftig weiter verkauft werden können. Es macht in der heutigen Welt keinen Unterschied mehr, ob ein Buch aus Papier ist oder als Datei vorliegt. Einem Nutzer, der dafür gezahlt hat, muss es möglich sein, diese Datei weiter zu verkaufen, so wie das bei Büchern aus Papier auch möglich ist.
Das ist schlimm. Die Aussage finde ich nicht nur grundfalsch, ich kann sie nicht einmal nachvollziehen. Wenn ich ein Buch verkaufe, dann habe ich es nicht mehr, sondern jemand anderes. Wenn ich digitalen Inhalt weiterverkaufe, dann habe ich noch genau das was ich auch gekauft habe, nur dann zusätzlich noch Geld was ich dem Urheber entziehe, oder besser gesagt stehle. An Freunde weitergeben ist was anderes, das wurde schon immer gemacht und ist ganz normal. Sich am Werk anderer bereichern war allerdings schon immer mies, siehe Ticketschwarzhändler - aber die geben ihr Ticket wenigstens ab und gehen nicht auch noch mit einer Kopie ins Konzert. Der Autor dieses Textes würde das aber offensichtlich ohne Schuldbewusstsein tun.

Nichtgewerbliche Mashups und Remixes erlauben

Bearbeitungen, Umgestaltungen und Weiterentwicklungen von urheberrechtlich geschützten Werken sollen zu nicht gewerblichen Zwecken jederzeit erlaubt sein. Dies soll für alle Werksarten gelten, sofern mit der Bereitstellung der Bearbeitung kein finanzielles Interesse verfolgt wird.
Das ist auch schlimm. Im ersten Moment denkt man natürlich, klar, wenn sich niemand daran bereichert - aber als Künstler hat man etwas aus einer bestimmten Intention geschaffen. Ein Teil der Künstler mag es wenn andere ihre Werke bearbeiten, aber ein Teil eben auch nicht. Die rechtliche Kontrolle über unautorisierte Remixe zu verlieren wäre für viele Künstler eine Katastrophe. Wem es wichtig ist dass sein Werk so bleibt wie es ist, der sollte auch selbstverständlich irgendwelche Bearbeitungen rechtlich unterbinden können. Wenn man das Werk eines Autors bearbeitet ist es wohl nicht zuviel verlangt ihn um Erlaubnis zu fragen, auch wenn man damit nichts verdient. Sowas gebietet allein schon der respektvolle Umgang miteinander. 


Unterm Strich, ein paar gute Ideen, aber auch viel Wahnsinn. Immerhin ist es eine konkrete Diskussionsvorlage, und ich denke grade die letzten beiden Punkte müssten nochmal ganz scharf überdacht werden vor der nächsten Bundestagswahl. Ich würde jedenfalls niemanden im Parlament sehen wollen der sich am Werk anderer bereichert oder es nach Belieben bearbeitet ohne auch nur zu fragen. Zivilisatorisch sollten wir da hoffentlich schon einen Schritt weiter sein. 

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