Mittwoch, 10. Oktober 2012
Sera Cahoone - Deer Creek Canyon
Sera Cahoone - Deer Creek Canyon (Sub Pop) |
Das Cover von Sera Cahoones neuem Album Deer Creek Canyon sagen zu wollen "hey, ich sehe zwar vielleicht aus wie eine zierliche junge Frau, die angetreten ist, Gitarrenmusik zu machen. Aber du kannst mir glauben, dass auch ich anpacken kann. Denn wohl gehobelt wird, da fallen nun einmal eben Späne. Damit kann ich umgehen."
Nun gut, ob das mit den Spänen nun wirklich auf dem Cover mittgeteilt werden soll, mag fraglich sein. Allerdings sollte man Sera Cahoone doch wirklich bitte nicht unterschätzen. Die Frau ist zäh und kann einiges einstecken - aber auch austeilen. Und ihre Heimat ist ihr wichtig. Wie sehr die Heimat beeinflussen kann und auch dass das Auseinandersetzen mit sich selbst auch mal falsch sein kann, erzählt sie nun auf ihrem dritten Album, das wohl mit ihr selbst gewachsen zu sein scheint. So gefestigt, wie ihre Stimme klingt, so wunderschön durchdringend, wie ihre gerne als "Americana" eingeordneten Melodien sind: diese junge Dame ist noch grandioser geworden, als sie es eh schon war.
Auf ihrem zweiten Album Only As The Day Is Long war Sera Cahoone noch nicht so weit, so wirklich sicher hinter ihrer Meinung zu stehen. So wundervoll herzzerreißend die Melodien waren, so sehr man das Banjo, die Gitarre und die Mundharmonika in ihrem Zusammenspiel in sein Herz geschlossen hatte - manchmal überkam einen das Gefühl, diese junge Frau sei nicht allzu sicher, in dem was sie da machte. Doch das störte gar nicht sehr, das war eventuell sogar ein wenig niedlich. Aber auch nur ein wenig. Denn niedlich, dass ist diese Frau aus Deer Creek Canyon, Colorado wohl eher selten. Sie wuchs als Tochter eines Dynamit-Verkäufers auf und verbrachte ihre Jugend in den Bars ihrer Gegend. Nachdem sie mit elf Jahren gelernt hatte, wie man Schlagzeug spielt, dachte ihre Mutter, die hiesigen Blues Musiker könnten einen guten Einfluss auf ihre Tochter haben.
Und das scheint auch funktioniert zu haben, denn Sera ging nun einmal ihren Weg. Und damit das nicht falsch verstanden wird: Only As The Day As Long und ganz besonders das gleichnamige Lied waren grandios. Nicht nur, dass sie in ihrem Leben bereits Besitzerin eines Skate-Shops war - sie spielte auch schon Schlagzeug für Band Of Horses. Aber all das sind nur Nebensächlichkeiten oder sollten es zumindest sein. Denn ihre Musik ist viel zu schön, als dass sie nur mit "die ehemalige Schlagzeugerin von" beschrieben wird.
Auf Deer Creek Canyon huldigt sie nicht nur auf wundervolle Art und Weise ihrer Heimat (diese leicht stolpernden Akkorde, Cahoones fast sehnsüchtig und auch ein wenig demüt klingende Stimme: ein schöneres und ehrlicheres Denkmal kann man nicht schaffen) - sie gesteht sich auch ein, dass es eben diese Heimat ist, die einen Menschen prägt. Ob er das nun will oder nicht. Und da kann es auch passieren, dass man nach all den Jahren, nachdem man in die große Welt ausgezogen ist, plötzlich Heimweh bekommt. Genau so ehrlich gesteht sie sich und anderen Menschen ein, wie falsch es manchmal ist, sich um alles und jeden, vor allem aber sich selbst zu sorgen. Denn am Ende ist das Leben vorbei und man hat ja doch Nichts erlebt. Im selben Atemzug wendet sie sich aber auch gegen jeden, der sie jemals verletzt oder falsch behandelt hat. Und zeigt, wie sehr ihr das zugesetzt hat. Das mag paradox klingen, ist es aber gar nicht. Eher die richtige Mischung aus beidem. Sie ist ja nun auch einmal ehrlich zu sich selbst und gesteht sich in dem so grandiosen Naked ein, wie hilflos sie sich manchmal fühlt, wie sehr Mauern eigentlich helfen können, sich abzuschotten. Und wie sehr man alle Menschen wegwünscht, wenn man sich so nakt fühlt. Doch ist das egozentrisch? Nein. Eine Erkenntniss.
Dabei sind es vor allem die Melodien, die immer wieder zeigen, wie ernst es Sera Cahoone mit dem meint, was sie sagt. Die Pedal-Steel-Gitarre kann da mal bedrohlich untermauernd aber auch sanft unterstützend wirken - als wolle sie verdeutlichen, dass das alles jetzt so richtig ist. Oh und wie wundervoll Banjos sein können! Und Violinen! Als könnten sie dir in den tollsten Farben ausmalen, was genau an Deer Creek Canyon jetzt nun so toll ist und warum wir uns doch mal eingestehen können, dass wir eine Landschaft und ihre Bewohner lieben, ohne dabei entweder als Langweiler oder Möchtegerne zu gelten. Pah! Nehmt das, ihr Nörgler. Und seht doch bitte endlich ein, dass nicht immer alles für alle gelten muss.
Abonnieren
Kommentare zum Post
(
Atom
)
Keine Kommentare :
Kommentar veröffentlichen