Mittwoch, 21. November 2012
Album für Album: The Kinks - The Kinks are the Village Green Preservation Society (1968)
Ich möchte über die Musik der Kinks schreiben, sitze vor dem Berg an Material und weiß nicht wie man die ganzen Gedanken dazu in einen gut lesbaren Fließtext verwandelt bekommt. Es gibt zuviel – z.B. die vielen grandiosen Alben aus den 60ern, von dem jedes anders klingt und es oft an wundervollen Ideen übersprudelt. Es gibt diverse theatralisch aufgebaute Konzeptalben aus den 70er, über Vergänglichkeit, Schule und Star-Dasein, die viel zu selten gewürdigt werden, obwohl sie mitunter fantastisch sind. Da ist noch die Stadionrockphase Ende der 70er, Anfang der 80er und ab Mitte der 80er das durchwachsene, meist ignorierte Spätwerk, welches aber doch ab und an Highlights bietet. Deswegen möchte ich meine Gedanken und Empfehlungen zu den 24 Studioalben einfach in chronologischer Reihenfolge niederschreiben, mit der Hoffnung dass einige LeserInnen den ein oder anderen untergegangenen Schatz für sich entdecken.
Es ist das Meisterwerk der Band. Für mich ist VGPS eines der vollkommensten Alben der Popmusik, in einer Kategorie mit Sgt. Peppers und Pet Sounds. (Ja, da lehnt sich jemand weeeeit aus dem Fenster, aber ich stehe dazu!) Das Album hat es zu seiner Zeit schwer gehabt - 1968 - Aufbruch, Revolution, alte Zöpfe müssen ab. Genau in diesem Moment veröffentlichen die Kinks dieses Konzeptalbum über Vergangenheit; kurzum, niemand wollte es hören und es floppte. Heute steht es weit oben auf Listen der bedeutendsten Alben, und wie ich finde zu recht. Ray Davies übertraf sich selbst und schrieb einzigartige Texte über sämtliche Aspekte der Vergänglichkeit. Er entlarvt Verklärung und Sentimentalitäten und zeichnet ein brillantes Bild konservierender Tendenzen in der damaligen (britischen) Gesellschaft.
Das Album empfängt uns mit dem Titelstück 'The Village Green Preservation Society', eine Verballhornung (ich musste dieses Wort mal benutzen) diverser konservativer Gruppen, die unbedingt alles althergebrachte schützen müssen. So könnte man es sehen, aber wie auch auf dem restlichen Album ist das 'Bewahren' nicht ein ausschließlich positives oder negatives Anliegen. Vielmehr nimmt das Lied schon vorweg was wir eigentlich in jedem Lied hören – die Sache ist viel komplizierter. Konservatismus kann kein Wert oder keine Einstellung an sich sein, sondern muss immer im Kontext gesehen werden. Wenn wir das Album aus dieser Perspektive betrachten wird alles konsistent. 'Do you remember Walter', das zweite Lied, zeigt es mit seinen verschiedenen Ebenen. Zum einem verliert sich der Protagonist in verklärten Jugenderinnerungen, unterstellt aber seinem ehemaligen Schulfreund in der Gegenwart unendliche Spießigkeit und findet es schade dass sie sich deshalb mutmaßlich nicht mehr viel zu erzählen hätten.
So ähnlich ist es bei jedem Lied. Immer begegnen einem innerhalb eines Liedes unterschiedliche, kontroverse Ansichten zur Vergangenheit. Gleich zwei Lieder, 'Picture Book' und 'People take pictures of each other' behandeln das Thema 'alte Fotos'. Während ersteres als verklärend durchgehend könnte, wettert 'People take pictures of each other' sehr unmissverständlich gegen Fotos, und damit das Bewahren vergangener Momente. In dem Fall sind die Widersprüche also auf zwei Lieder aufgeteilt.
Es gäbe noch soviel zu jedem Lied zu schreiben, denn für mich gibt es auf dem mit 15 Liedern sehr voll gepackten Album keine Ausfälle, keine schwachen Lieder (einzig 'Last of the Steam-Powered Trains' zieht sich etwas, finde ich). Die Kompositionen sind wegweisend, sehr vielfältig und machen auch nach dem x-ten Mal Spaß. Es ist eines der Alben die niemals langweilig werden, was angesichts der Monothematik ein wirkliches Kunststück ist.
Jetzt ist der Artikel eigentlich schon fertig, ohne das ich so geniale Lieder wie 'Village Green', 'Wicked Annabella' und 'Phenomenal Cat' auch nur erwähnt habe; und ganz zu schweigen von 'Days', einem der wunderschönsten Lieder aus Ray Davies' Feder (welches aber nur Single war und nicht auf dem Album). Es sind einfach zuviele.
Dieses Album sollte die Welt gehört haben.
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