Dienstag, 20. November 2012
Musik und Nebenwirkungen: Dieses Jahr wurde die CD 30 Jahre alt, aber wer feiert schon gerne seinen 30. Geburtstag?
Diese Depeche Mode CD von 1994 ist leider schon viel zu früh von uns gegangen. Quelle: musik-sammler.de |
1991 haben wir uns kennengelernt. Vorher schützte mich der antikapitalistische Schutzwall vor dieser ganzen kapitalistischen Überreizung im Leben. Meine Tonträgererinnerungen an jene Zeit reichen mal grade zu wirklich furchtbaren Kassetten (der Inhalt, nicht die Kassetten ansich) und Pittiplatsch-Singles. Dann wurde alles besser. Wir bekamen Bananen und David Hasselhoff. Also ich bekam ihn, zusammen mit meinem ersten CD-Player, so ungefähr als ich 7 war. Die Fanphase hielt allerdings nicht lange, und auch ABBA konnte mich nur kurz begeistern. Das interessante für mich daran ist, dass ich mich an diese wenigen, inhaltlich fragwürdigen CDs sehr sehr gut erinnere. Sie waren was besonderes, und wenn man genau 4 Tonträger zur Auswahl hat nimmt man sie wenigstens wahr. Naja, zu dem Zeitpunkt war die CD auch noch jung und umtriebig. Das legte sich im Alter. So ab Anfang 20 verlor sie mehr und mehr ihren Reiz. Sie häuften sich mit der explosionsartig ausufernden Musikerforschung bei mir an – genau wie bei vielen anderen Menschen. Zum ersten mal gabs auch eine Art Junk-Food des Tonträgertums, nämlich die selbstgebrannte CD. Manche horteten gigantische Mengen, doch die immer gleichaussehenden, mit extrem wenig Liebe erstellten Rohlinge hatten kaum bis garkeinen ideellen Wert (auch keinen monetären). Ist eine verkratzt brennt man eine neue, und zum angucken und anfassen gibts daran auch nichts. Die selbstgebrannte CD ist das traurigste Tonträgerformat in der gesamten Erdgeschichte, ausgenommen 'USB-Stick-Veröffentlichungen'.
Ich glaube die schändliche CD-Rohling-Lieblosigkeit färbte auch auf Original-CDs ab. Es mag also nicht nur der Preis gewesen sein, sondern auch die sinkende Wertschätzung für das Medium CD.
Als die CD volljährig war und ich noch nicht ganz kam ich mit Napster und Artverwandtem in Berührung (hab grad nachgeschaut – meine externe Festplatte speichert stoisch z.T. 12 Jahre alte MP3-Dateien....aber warum? Muss eine Messiekrankkheit meinerseits sein) – damit war die CD als einzige Bezugsquelle gestorben (abgesehen von einer kurzen Phase Anfang des Jahrtausends – da habe ich gerne Sachen aus dem Musikfernsehen aufgenommen. Diese Videos lagern teilweise auch noch auf der Festplatte, erschreckend, darüber muss ich mal sehr selbstkritisch reflektieren). Mit Mitte 20 wurde die CD endgültig unattraktiv, denn Vinyl und MP3 boten in Kombination das Beste von allem, und dieses komische Mittelding CD braucht man eigentlich nicht mehr. Ein paar Jahre waren von der selbstgebrannten MP3-CD geprägt. WOW! Bis zu 12 Alben auf einer CD! Jaja, war schon was faszinierendes, so ein MP3-Discman. Im Grunde ist das alles garnicht so wahnsinnig lange her, und doch kommt es mir beim tippen so vor als würde ich aus der Adenauer-Ära berichten.
Heute haben wir, die CD und ich, ein entspannt freundschaftliches Verhältnis. Sie sind Second Hand extrem billig zu bekommen, also oft die billigste legale Variante an Musik zu kommen, und bieten ja doch manchmal mehr als eine lieblose Plastikhülle mit 4 Seiten Booklet. Wer heutzutage überhaupt noch kostendeckend CDs verkaufen möchte muss schon eine schöne Aufmachung bieten. Gelungen finde ich z.B. Useless Trinkets von den Eels oder diverse aufwändig produzierte Deluxe-Ausgaben älterer Alben, etwa von The Cure oder den Kinks. Das alles mag aber die sinkenden Verkaufszahlen nicht stoppen. Muss es auch nicht. Die CD hatte eben im jugendlichen Alter ihren Zenit, und jetzt gehts bergab. Bis zum Tod dauert es aber noch viele Jahre. Wie es so ist im Leben, leider verlassen uns einige Freunde auch schon in der Blüte ihrer Jahre.
Liebe CD, du bist jetzt zwar kein Twen mehr, aber das macht nichts. Bitte altere in Würde, ab und an denke ich auch an dich und die vielen musikalischen Entdeckungen, die ich nur deinetwegen machen konnte.
Mit 8 Jahren habe ich meine ABBA Gold CD rauf und runter gehört, und mit 28 Jahren sehe ich zum allerersten Mal das Musikvideo dazu. Ich hab mir ABBA-Musikvideos irgendwie glamuröser vorgestellt.
Abonnieren
Kommentare zum Post
(
Atom
)
30 jahre sind ein gutes alter, um abzutreten. byebye, staubfänger!
AntwortenLöschendas live fast die young-prinzip ist ja in der musikwelt weit verbreitet. warum nicht auch bei tonträgern.
AntwortenLöschendu musst nur sehen, jetzt fängt sich der staub woanders. ob das eine verbesserung ist?
und wo war im Video jetzt dieser Barnabas...?
AntwortenLöschenwie meinen? der barnabas schill? der hat doch vor ein paar jahren mit MC Friedman dieses großartige Koks & Nutten album rausgebracht. muss ich mal wieder auflegen...
AntwortenLöschenich sammele meinen staub lieber auf vinyl oder dem computer. der grund dafür dürfte hauptsächlich in meiner faulheit liegen, haha
AntwortenLöschen