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Samstag, 26. Januar 2013

Album für Album: The Kinks - Everybody's in Show-Biz (1972)

2 Kommentare :
Ich möchte über die Musik der Kinks schreiben, sitze vor dem Berg an Material und weiß nicht wie man die ganzen Gedanken dazu in einen gut lesbaren Fließtext verwandelt bekommt. Es gibt zuviel – z.B. die vielen grandiosen Alben aus den 60ern, von dem jedes anders klingt und es oft an wundervollen Ideen übersprudelt. Es gibt diverse theatralisch aufgebaute Konzeptalben aus den 70er, über Vergänglichkeit, Schule und Star-Dasein, die viel zu selten gewürdigt werden, obwohl sie mitunter fantastisch sind. Da ist noch die Stadionrockphase Ende der 70er, Anfang der 80er und ab Mitte der 80er das durchwachsene, meist ignorierte Spätwerk, welches aber doch ab und an Highlights bietet. Deswegen möchte ich meine Gedanken und Empfehlungen zu den 24 Studioalben einfach in chronologischer Reihenfolge niederschreiben, mit der Hoffnung dass einige LeserInnen den ein oder anderen untergegangenen Schatz für sich entdecken.


Zwei Jahre zuvor erschien ein Album mit dem wundervollen Namen Lola Versus Powerman and the Moneygoround, Part One. Skurilerweise gab es aber nie einen Part Two, zumindest nicht namentlich. Everybody's in Show-Biz ist allerdings inhaltlich eine Fortsetzung, sodass es für mich eine Art inoffizielles Part Two-Album ist. Während es auf Erstgenanntem um die Schlechtigkeit des Musikbusiness im Allgemeinen geht, beschreibt dieses Album sehr plastisch ganz konkrete Situationen aus dem Leben eines Musikstars – sozusagen eine Art musikalische Autobiografie.

Man bekommt value for money, denn das Album besteht zum einen aus dem eigentlichen Studioalbum, zum anderen gehört aber noch eine LP mit Liveaufnahmen aus dem selben Jahr dazu. Auf das Livealbum möchte ich an dieser Stelle nicht im Detail eingehen, aber es sei gesagt dass es sehr hörenswert ist und das Album gut ergänzt – die Hälfte der Lieder stammt vom grandiosen Vorgängeralbum Muswell Hillbillies.

Nun aber zum eigentlichen Album. Man wird direkt beschwingt in den Staralltag eingeführt. 'Here comes yet antoher day' rattert durch jenen Alltag voller Oberflächlichkeit und ohne Zeit mal runterzukommen. Zwischen den Zeilen deutet sich der baldige Zusammenbruch an, niemand hält dieses Tempo dauerhaft durch (obwohl, wie lange ist Bob Dylan schon auf seiner Never Ending Tour?).

Das Thema 'Essen' verfolgt die Band (leider ohne komplettes Konzeptalbum dazu), so auch in 'Maximum Consumption'. Hier ist essen nur noch das am Leben erhalten, der Protagonist muss fit bleiben um das ganze Touren durchzustehen. Besonders gesund klingt das besungene Essen nun nicht grade, das kann auch nicht lange gut gehen. Plötzlich, Wechsel der Szenerie. In 'Unreal Reality' fragt er sich ob dieser Reichtum, der ihn umgibt, eigentlich überhaupt echt sein kann und man sich nicht vielleicht fantasiert. Ich mutmaße es geht um die Zentrale der Plattenfirma. Das waren Zeiten. Na gut, das sind sie immernoch, aber die Plattenfirmen protzen nicht mehr so gerne dermaßen offensichtlich, das passt nicht zum schlimmen Wegen-Raubkopierern-Müssen-Wir-Hungern-Gejammer. Naja, das Lied ist eine Unterbrechung der Essenthematik, denn schon das nächste Werk heißt 'Hot Potatoes', ha. Ein komisches Lied - er solle sich einen Job suchen, sonst macht die Freundin kein fancy Essen mehr, sondern nur noch Kartoffelbrei? Wie passt das zum Album? Diese Hymne an die Liebe und die Kartoffel und die Liebe zur Kartoffel beschreibt wie scheißegal dem Protagonisten die Extravaganz des ausschweifend wohlhabenden Lebensstils sei, solange es nur mit der Liebe stimme. Ja, das lassen wir mal so stehen, denn eigentlich sollten wir gedanklich woanders sein, und da werden wir mit 'Sitting in my Hotel' auch ganz schnell wieder hingebracht. Der Herr Star sitzt, wie der Titel schon sagt, in seinem Hotelzimmer. Und das sitzt er so ganz alleine, umgeben von dem ganzen Starrummel, und denkt darüber nach wie das wohl seine alten Freunde finden. An dieser Stelle trieft das autobiografische schon fast zu aufdringlich aus dem Lied.
They would see me in my hotel,
Watching late shows till the morning,
Writing songs for old time vaudeville revues.
All my friends would ask me what it's all leading to.
Ja, das fragten sich wohl nicht nur die Freunde wo diese theatralische Kinks-Schaffensphase hinführen würde. Eigentlich ganz lustig dass er das selbst auf dem Album aufgreift – sozusagen auf die Gedanken des Hörers präventiv antwortet.

Wie gehts auf der B-Seite weiter? Auf der Autobahn. 'Motorway', ein flottes Lied über die Einöde der Autobahn, welche man ja auf Tour den ganzen Tag sieht. Und um Essen gehts natürlich auch mal wieder, das Thema kam schon zu lange nicht mehr. Es folgt die Sinnfrage in 'You don't know my name'. Welchen Sinn macht es permanent unterwegs zu sein wenn das mit richtigen Superstardasein doch nicht so ganz klappen will? So verstehe ich das zumindest, aber es ist auch schön wenn einen Texte verwirren können. Vielleicht lässt das alles auch ganz andere Deutungen zu.

Ab in die Utopie, ins 'Supersonic Rocket Ship'. Da muss ich mir um Deutungen keine Gedanken machen. Das Lied hat schon wirklich ein enormes Ohrwurmpotential, ich litt bereits des öfteren darunter. Nobody has to be hip...
'Look a little on the Sunnyside' ist hinter der recht optimistischen Ufftata-Fassade eine bösartige Abrechnung mit den Kritikern, die aufgrund der zunehmenden Sperrigkeit des Kinks-Schaffens der Band immer weniger zugeneigt waren. Bösartigkeit in freundlichen Liedern verstecken ist die hohe Kunst des fiesen Liedguts. I love it. Das Album braucht noch ein etwas versöhnlicheres Ende. Zum Glück kommt noch eines der großen Werke der Kinks, 'Celluloid Heroes'. Es erstreckt sich untypischerweise über mehr als 6 Minuten und greift jede Menge Starbiografien auf um wohl den Albuminhalt noch einmal zu unterstreichen. Letztendlich sind es alles auch nur Menschen mit Problemen, und am schönsten wäre das Leben nicht als Star im echten Leben, sondern als Star im Film. Unsterblichkeit, Schmerzlosigkeit, das wäre doch schön. Nunja, ich weiß nicht. So ein Leben zum Beispiel als James Bond ist auch furchtbar anstrengend, und nur in der Hängematte liegen kann man wohl in keinem Film – irgendwas ist immer.

2 Kommentare :

  1. Da warst du ja relativ nachsichtig mit den Jungs. Musikalisch war's schon eher durchwachsen und spätestens mit diesem Album gehen die Kinks auf einen Trip, auf dem sie fast ihr Innerstes verlieren - eine faszinierende, explosive Rockband zu sein.

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  2. Schön auf welch vielfältige Art man die Kinks mögen kann. Ich steh ja mehr auf die Konzeptalben - grade dieses Experimentieren (was an vielen Stellen, wie du schon sagst, auch durchaus durchwachsen ist im Ergebnis) ist eine der Besonderheiten dieser Band.

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