Mittwoch, 2. Oktober 2013
Ein Interview mit: Basia Bulat.
Rita
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Tall Tall Shadow VÖ: 4. Oktober / Secret City Records |
Vor etwa zwei Wochen hatte die Tante die Ehre mit der wirklich unglaublich talentierten und wunderbaren Basia Bulat zu sprechen.
Im Moment ist sie zusammen mit den Evening Hymns auf Tour durch Kanada, ihr wirklich bemerkenswertes Video zum Titeltrack ihres Albums Tall Tall Shadow wurde veröffentlicht und am Freitag ist es endlich soweit: ihr drittes Album erscheint auch in Deutschland. Bald wird Basia auch für einige Shows zurück in Europa sein, unter anderem am 30. Oktober im Comet Club in Berlin. Wenn wir etwas empfehlen dürfen, dann doch bitte: schaut sie euch live an und hört euch ihr Album Tall Tall Shadow an. Ansonsten verpasst ihr nicht nur wunderschöne Musik, sondern auch ein wenig unaufdringliche Weisheit. Wir meinen das so.
For an English version of the interview, go this way.
For an English version of the interview, go this way.
Da Tall Tall Shadow sehr bald veröffentlicht wird, wie fühlt es sich an, so nah an der Veröffentlichung von etwas zu sein, an dem man für eine recht lange Zeit gearbeitet hat?
Ich freue mich, dass es bald erscheinen wird und ich Konzerte spielen werde. Außerdem habe ich auch irgendwie noch nicht wirklich darüber nachgedacht, einfach weil jeden Tag so viel passiert, dass ich gar nicht genug Zeit habe, damit anzufangen darüber nachzudenken. Es ist witzig, weil jetzt wo ich darüber nachdenke, ich darüber nachdenke, dass ich eigentlich nicht wirklich darüber nachgedacht habe (lacht). Aber es gibt gerade nicht allzu viel Zeit, sich hinzusetzen und nachzudenken.
Würdest du zustimmen, dass wenn man Tall Tall Shadow mit Oh My Darling und Heart Of My Own vergleicht, das neue Album eher eine Art Experiment beim Songwriting und dem Ausprobieren verschiedener Instrumente ist? Oder ist das für dich eher eine natürliche Entwicklung, die du da erfahren hast?
Es ist wahrscheinlich eher eine Entwicklung in dem Sinn, dass ... ich empfinde es so, dass ich die meiste Zeit nicht so kalkuliert bin, wie ich es manchmal wünschte zu sein. In der Art, wie ich Musik aufnehme und spiele, probiere ich so viele verschiedene Dinge aus und folge dann meiner Intuition. Einfach das zu finden, was sich richtig anfühlt, wie der Song klingen soll und den besten Weg zu finden, eine Geschichte zu erzählen. Ich denke, das passiert immer eher intuitiv im Gegensatz zu 'ok, das wird jetzt diese Art von Album'. Das Album wird einfach zu dem, was es am Ende ist und es ist immer auch eine kleine Überraschung für mich zu sehen, was da passiert - in demselben Moment, in dem ich versuche, etwas produktiv zu erschaffen.
Es ist wahrscheinlich eher eine Entwicklung in dem Sinn, dass ... ich empfinde es so, dass ich die meiste Zeit nicht so kalkuliert bin, wie ich es manchmal wünschte zu sein. In der Art, wie ich Musik aufnehme und spiele, probiere ich so viele verschiedene Dinge aus und folge dann meiner Intuition. Einfach das zu finden, was sich richtig anfühlt, wie der Song klingen soll und den besten Weg zu finden, eine Geschichte zu erzählen. Ich denke, das passiert immer eher intuitiv im Gegensatz zu 'ok, das wird jetzt diese Art von Album'. Das Album wird einfach zu dem, was es am Ende ist und es ist immer auch eine kleine Überraschung für mich zu sehen, was da passiert - in demselben Moment, in dem ich versuche, etwas produktiv zu erschaffen.
Wie hat deine Arbeit an Tall Tall Shadow begonnen? War es 'gut, jetzt beginne ich an der Arbeit zu meinem dritten Album' oder ist das auch eher intuitiv passiert?
Ich hatte eine Menge Lieder geschrieben und irgendwie fühlten sie sich einfach nicht richtig an und mir fiel auf, dass ich angefangen hatte, etwas ganz Anderes zu schreiben. Die neuen Songs sind ein wenig direkter, irgendwie spezifischer und umso mehr ich darüber nachdachte, musste ich mich selbst daran erinnern, nicht alles zu sehr zu analysieren und mir selbst aus dem Weg zu gehen und zu sehen, was passiert. Und ich hatte angefangen, die Lieder auf dem Klavier zu schreiben, die Gitarre benutzte ich fast gar nicht. Die meiste Zeit habe ich damit verbracht, auf dem Klavier und diesem kleinen Instrument, das ich sehr mag, Charango, ein wirklich bezauberndes südamerikanisches Instrument, zu schreiben, was mich sehr inspirierte. Ich bin irgendwie zurück zu meinen Wurzeln gelangt. Ich habe angefangen Klavier zu spielen, als ich wirklich jung war und aus welchem Grund auch immer hatte ich nie wirklich Zeit, auf dem Klavier zu komponieren. Also bin ich einfach dazu zurückgekehrt.
Der Titel Tall Tall Shadow hat mich zuerst an etwas Dunkles oder zumindest dunkle Zeiten erinnert, die vielleicht thematisiert werden. Doch als ich mir das Album dann anhörte, wirkte es plötzlich wie ein Album voller Hoffnung. Würdest du sagen, dass sobald man diesen Tall Tall Shadow erkannt hat, man sich mit ihm auseinandersetzen und etwas Neues beginnen kann?
Ja, absolut. Was ich mit diesem Album versucht habe war, zwar vielleicht über etwas zu singen, das für mich etwas Dunkles ist. Das Leben ist kompliziert - es gibt Dunkelheit und Licht, die am selben Ort existieren und die auch ohne den anderen nicht wirklich existieren könnten (lacht). Und ich denke, ich wollte etwas in die Welt lassen, das erbaulich ist, ohne zugleich unehrlich zu sein. Es sollte immer noch Ehrlichkeit in sich tragen und da ist auch viel von mir drin - selbst wenn ich mich da traurig fühlte, sollte es auch Hoffnung haben. Ich denke, ich habe mich da oft am Gospel orientiert und auch an sehr viel Soul, eo das Thema eines Liedes ja manchmal eher traurig ist, aber da ist die Musik, die dich wieder aufbaut. Selbst wenn Lieder wirklich dunkel und depressiv sind, fühle ich mich besser, wenn ich sie mir angehört habe - Menschen sind da wirklich seltsam. Es ist schon eine komische Sache (lacht.)
Wenn man sich Tall Tall Shadow anhört, wird einem schnell bewusst, wie wichtig eine Stimme für die Musik ist und manchmal selbst eher eine Art Instrument ist. Glaubst du, dass die Stimme ein wichtiges Instrument ist, eine Geschichte innerhalb eines Songs so zu erzählen, wie sie erzählt werden soll?
Für mich ist die Stimme das allererste Instrument (lacht) und auch ein Geschichtenerzähler natürlich. Natürlich gibt es viele verschiedene Wege, eine Geschichte zu erzählen, aber für mich war das immer ein großer Teil meines Lebens. Das muss nicht unbedingt bedeuten, dass da ein technisch wirklich begabter Sänger sein muss oder so, damit ich mich damit verbunden fühle. Ich muss nur fühlen, dass ich ihnen glaube, wenn sie singen, egal ob die Geschichte wahr ist oder nicht. Wenn sie daran glauben und ich daran glaube, dann ist sie wahr. Es ist eine kraftvolle Sache, auf jeden Fall.
Gibt es bestimmte Musiker, mit denen du dich verbunden fühlst, weil sie diese bestimmte Kraft in ihrer Stimme haben?
Ich glaube, dass ich fast zu all meinen Lieblingsmusikern eine zuallererst eine Verbindung durch ihre Stimme aufbaue. Da gibt es so viele. Ich liebe Joni Mitchells Stimme, ich liebe Sandy Dennys Stimme, da gibt es eine Menge Folksänger, auch Buffy Saint-Marie. Und dann natürlich auch heutige Künstler. Ich mag zum Beispiel die Stimme von der Sängerin der U.S. Girls sehr sehr gerne oder die von Jim James. Einer meiner absoluten Lieblingssänger.
Und wie war es, vor ein paar Wochen mit ihm auf Tour gewesen zu sein?
Es war unfassbar, wirklich großartig! (lacht)
Wo wir über Stimmen sprechen - wie war die Situation für dich, als ihr die Live-Version zu It Can't Be You, einer der Songs auf deinem neuen Album, in einem Raum voller Menschen aufgenommen habt, die sich unterhalten haben und deren Aufmerksamkeit du erst einmal gewinnen musstest?
(lacht) Na ja, ich wusste nicht wirklich, ob das funktioniert. Die ganze Show war ein wirklich cooles Konzert, das ich in der Art Gallery of Ontarion gegeben habe und es war eine Zusammenarbeit von mir und der bildenden Künstlerin Stephanie Comilang, die sehr viel mit Projektionen arbeitet. Wir haben noch ein paar weitere Videos während des Konzerts gedreht. Im Moment lebt sie in Berlin, also haben wir das Video für Tall Tall Shadow dort gedreht, das bald veröffentlicht wird. In der Art Gallery wollten wir mit dem Raum spielen und die Leute ein wenig überraschen. Wir wollten sehen, was passiert wenn du ein Konzert nicht auf der formalen Ebene beginnst mit Aussagen wie 'Hey, wie geht's, ich spiele jetzt ein paar meiner Sachen' - es ging uns einfach darum zu sehen, was passiert. Den ganzen Abend über habe ich auf verschiedenen Seiten der Bühne gespielt und es gab zwei große Bildschirme in der Mitte des Raums. Die Leute standen auf allen Seiten um die Bühne herum und ich habe sie immer wieder in verschiedenen Teilen des Raums quasi besucht. Es war ein lustiges Experiment und ich glaube, dass es auch ein cooles Konzept für das Publikum war - das ist nicht das Übliche, was du erwartest, wenn du zu einem Konzert gehst. Im Kontext der Art Gallery wollten wir wirklich etwas machen, dass die Leute hinter ihrem Schutzschild hervorholt. It Can't Be You war der erste Song, den ich gespielt habe und der Rest des Abends ging auf verschiedene Weisen weiter. Manchmal stand ich hinter einem der Bildschirme und man sah nur meine Projektion auf dem Bildschirm, während ich spielte. Wir sind mittlerweile so daran gewöhnt, Leute auf Bildschirmen anzuschauen, das es Spaß gemacht hat, mit dieser Idee zu spielen: hey, hier bin ich, eigentlich mitten im Raum und doch könnt ihr mich nur auf dem Bildschirm sehen.
Schaut euch unbedingt das wunderbare Video zu Tall Tall Shadow an:
Wie wichtig ist es dir im Allgemeinen, Konzerte zu spielen und mit dem Publikum zu kommunizieren?
Das ist wirklich wichtig. Ich genieße es, Konzerte zu spielen. Auch wenn ich nervös werde und mich darum sorge, ob alles klappen wird, mag ich es sehr, dass jedes Konzert anders sein wird und dass ich die Möglichkeit habe, eine Verbindung zu den Menschen aufzubauen. Das ist wohl wie eine positive Verstärkung, nehme ich an (lacht) - es würde keinen Spaß machen, wenn die Leute das nicht genießen würden und natürlich gibt mir das auch etwas zurück. Auch die Energie innerhalb des Raums, das ist irgendwie schwer zu beschreiben. Jede Stadt eröffnet immer einen neuen Blickwinkel und es ist immer eine andere Art von Austausch mit dem Publikum und es ist cool, über den Zeitraum einer Tour beobachten zu können, wie unterschiedlich die Menschen auf Musik reagieren. Aber es ist schwer, das zu beschreiben. Das ist ein Teil vom Tourleben, den ich wirklich mag. Und auch, dass ich die Songs dann auf verschiedene Arten spielen kann. Man muss sich nicht an eine Version halten, wie bei der Aufnahme eines Albums. Die Live-Versionen sind wie neue Versionen.
Damit zu expmerimentieren, wie man live spielt - wie das ja mit dem Konzept der Bühne in der Art Gallery of Ontarion passiert ist - wäre das etwas, das du gerne öfters machen würdest?
Ja, absolut. Ich hoffe, dass es in Zukunft mehr von diesen Shows gibt. Es gibt eine wirklich coole Band aus Kanada namens Majical Cloudz und die machen einige interessante Sachen, sogar im Kontext von kleineren Clubshows. Ich habe einige ihrer Shows gesehen und sie haben wirklich tolle Lieder - ich mag die Stimme des Sängers auch sehr gerne - aber es war unfassbar interessant zu sehen, wie sie anscheinend jede Show verändern. Vor kurzem habe ich auch CocoRosie live gesehen und das war großartig, weil sie auch eine coole Art haben, mit dem Publikum zu interagieren. Und dann gab es diese Kameras auf der Bühne, auf ihren Mikrophonen. Ich habe sie vorher noch nie live gesehen und war wirklich inspiriert und wirklich begeistert von dem Konzert. Sie hatten auch einen Spiegel auf der Bühne, so dass sie dem Publikum ihren Rücken zuwenden würden und dann die Kamera ihr Spiegelbild filmt und dann sah man sie sich schminken und singen. Irgendwie war es ein traditionelles Konzert, das aber mit deinen Erwartungen gespielt hat. Ich mag es sehr, solche Shows zu sehen und hoffentlich finde ich auch so etwas für mich, das mehr wie ich ist und zu mir passt. Ich denke gerade darüber nach - vielleicht wird es ja noch weitere Kollaborationen mit Stephanie auch für mehrere Konzerte geben. Manchmal ist es schwierig, so etwas in bestimmten Clubs oder Sälen zu organisieren, aber es gibt sicherlich Wege, das Publikum einzubeziehen und mit der Wand zwischen dir und dem Publikum zu spielen. Auch wenn diese Wand ja eigentlich nicht da ist.
Also ist da nicht nur der Teil, in dem du Musik schreibst und in die Welt entlässt, sondern auch ein Teil bei dem es eine Art Konzept für das alles gibt?
Photo: Colin Medley |
Vor einigen Monaten habe ich dein NPR tiny desk concert und da spieltest du ein polnisches Lied, das auf Englisch The Green Zoo heißt. Würdest du gerne ein ganzes Album auf Polnisch aufnehmen, mit deinen eigenen Songs oder vielleicht auch Coversongs, wie eben The Green Zoo?
Ein paar Songs habe ich sogar schon aufgenommen. Im Sommer vor zwei Jahren war ich für einige Zeit in Warschau und da habe ich mir in den Kopf gesetzt, ein polnisches Album aufzunehmen. Vielleicht bräuchte ich einen Co-Writer. Ich nähere mich dem Ganzen aus meiner Perspektive als Kanadierin. Ich habe polnische Wurzeln, meine Sprachfertigkeit ist ganz gut, aber immer noch begrenzt und ich kann mich nicht genau so ausdrücken, wie es mir zum Beispiel im Englischen möglich ist. Musikalisch habe ich Ideen und ich habe da auch jemanden im Sinn, mit dem ich wirklich gerne arbeiten würde. Ich muss einfach eine E-Mail schreiben und auf eine Zusage hoffen. Die Idee ist aber auf jeden Fall da und ich hoffe, dass das klappt. Denn es ist etwas, das ich schon seit wirklich langer Zeit gerne einmal machen möchte, ein Album auf Polnisch zu veröffentlichen. Wahrscheinlich keine Coversongs, aber vielleicht wäre es cool, einen Mix zu machen zwischen Covern und eigenen Songs. Zumindest wäre es eine tolle Sache für mich. Und hoffentlich könnte ich es dann auch in Polen aufnehmen, das wäre wirklich cool.
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